Dass die Oecophylla-Arten ihre Larven als »Spinnrad” benutzen, wurde für die ostasiatische Oecoph. smaragdina F. zuerst von Ridley auf Singapore und später von W. D. Holland auf Ceylon beobachtet 1). Holland beschreibt den Vorgang bereits eingehend. Die zu verbindenden Blätter werden erst von den Ameisen mittelst ihrer Oberkiefer in die richtige Lage gebracht und zusammengehalten. Dann kommen andere in grosser Zahl, jede eine Larve im Maule haltend und fahren nun mit dem Vorderende der Larve von einer Kante des Blattes zur anderen. Wo der Mund der Larve das Blatt berührt, erscheint ein Gespinnstfaden, der an dem Blatte festklebt. Dieser Process wird so lange fortgesetzt, bis die Blätter an ihren Rändern durch ein haltbares Gewebe verbunden sind und schliesslich ein filziger papierähnlicher Stoff sich bildet, der aus unzähligen übereinanderliegenden und sich kreuzenden Spinnfäden besteht. Wie zum Bau ihrer Blattnester, so benutzt dieselbe Ameise nach Hollands Angaben das Spinnvermögen ihrer Larven auch zur Sicherung der Nester gegen die Ueberfälle kleiner Ameisen, mit denen sie beständig im Kriege lebt. Sie legt rings um den Stamm des Baumes, auf dem ihr Nest sich befindet, einen manchmal fussbreiten Gürtel von Spinngewebe an; derselbe soll dazu dienen, um die kleinen Ameisen, deren Füsse in das Gespinnst sich verwickeln, am Besteigen des Baumes zu hindern. Zur Verfertigung dieses Schutzgewebes kommen die Ameisen mit je einem weissen Klümpchen im Maule aus dem Neste heraus und fahren mit denselben auf dem Stamme hin und her; bei näherer Untersuchung stellte sich heraus, dass die weissen Klümpchen abermals die Larven der Ameisen waren. In meinem Buch »Vergleichende Studien über das Seelenleben der Ameisen und der höheren Thiere” (2. Aufl. Freiburg i. B. 1900, S. 92) hatte ich diese Beobachtungen Hollands mitgetheilt und dann beigefügt: »Diese merkwürdigen Beobachtungen bedürfen allerdings noch der Bestätigung durch andere Forscher.” Hierauf schrieb mir P. Hermann Kohl, Missionar bei Stanleyville am oberen Congo, in einem Briefe vom 27 Nov. 1901: »Noch etwas, was Sie sehr interessiren muss. In den »Vergleichenden Studien” erwähnen Sie die Beobachtungen von W. D. Holland über Ameisen, die ihre Larven als Spinnrad benutzen. Sie scheinen nicht gerne an diese Beobachtungen glauben zu wollen. Ich kann Ihnen aber mittheilen, dass ich Mitte November 1901 Ameisen bei jener Thätigkeit angetroffen habe. Ich brauchte nur wörtlich abzuschreiben, was auf S. 92 des eben erwähnten Werkes über die Ameisen von Holland gedruckt steht. Nur habe ich den Gespinnstfaden nicht mit dem blossen Auge sehen können, ebenso nicht, dass sie um den Stamm des Baumes Spinngewebe anlegen zum Schutze gegen andere Insekten. Da die Ameisen auf einem niedrigen Baume wohnen, so kann ich noch genauere Beobachtungen mittelst einer Lupe anstellen. Das Leben und Treiben dieser interessanten Ameise werde ich in »Natur und Offenbarung” mittheilen 1). Wünschen Sie diese Ameise zu bestimmen?” — Die später eingesandten Ameisen waren Oecophylla longinoda Ltr. und eine dunklere Varietät derselben.